Gala: Läuferinnen und Läufer des Jahres

Heute ging´s zur Preisverleihung für den und/oder die Läuferin des Jahres. Ausgedacht hat sich die Sache Laufen.de, unterstützt durch den Deutschen Leichtathletikverband (DLR). Krombach als Austragsort versprach legendäre Gelage, gleichwohl ging es dann doch gesittet zu. Falls ihr die Krombacher-Brauerei noch nicht kennt, sollte unbedingt einmal einen Ausflug samt Ausschank einplanen, doch der Reihe nach.

Premiere um jeden Preis
In diesem Jahr veranstaltete das Portal LAUFEN.DE zusammen mit dem Laufmagazin aktiv Laufen aus Köln erstmals die Wahl zur „Läuferin und Läufer des Jahres“. Das Läuferportal wird von der Leichtathletik Promotion- und Projektgesellschaft mbH (DLP) betrieben. Die DLP ist widerrum der Vermarktungspartner des Deutschen Leichtathletikverbandes (DLV). Zahlreiche Experten des DLV werden auf der Plattform aktiv eingebunden, außerdem gibt´s dort exklusiv die Deutsche Laufrangliste – falls ihr also mal wissen wollt, wo ihr mit euren Laufzeiten in Deutschland oder eurer Stadt steht/liegt, dann schaut doch mal vorbei. Wobei mir Portale als Blogger ja immer ein bisschen unheimlich sind. Wäre das Internet eine Wiese, würde ich ja auch nicht im Plattenbau wohnen wollen, sondern lieber im Eigenheim (oder wenigstens mit den anderen Punkern in ´ner Wagenburg). Freiheit, und so, ihr wisst. Vielleicht auch ein bisschen das heute vielbeschworene Reputationsmanagement. Doch mal wieder weg von der Form, hin zur Funktion: Wem der deutschlandweite Vergleich gefällt, sei alternativ auch Achim Achilles Läuferliste empfohlen,, die widerrum mehr Einstellmöglichkeiten bietet (z. B. die Schuhgröße), was eine optimierte Platzierung begünstigt (Beispiel: schnellster Läufer M70 mit Schuhgröße 47 aus Marienheide -> Urkunde drucken).Doch bevor wir uns jetzt im Feature-Kosmos für Amateure und Ambitionierte verirren, rasch der Gedanke, dass die Läufer halt der Wettkampfgedanke eint. Gilt auch für die Anreise auf der Autobahn, gut eine Stunde Flug vom Bergischen Land nach Unterfranken…

Rasantes Christkind
Ich weiß nicht, welchen Weg die anderen 200 Teilnehmer des Abends nahmen. Oder welche Verkehrsmittel, vielleicht sind einige ja auch hingelaufen, nach Krombach, gefühlt die Grenze zwischen Bergischem Land und Sauerland. Doch die A4 hat sich redlich ein Lob verdient, ab Köln verging die Strecke quasi wie im Tiefflug. Wer gern schnell fährt, kommt wirklich auf seine Kosten, nicht zuletzt durch die eingebauten Auf und Abs, Rechts und Links. Und es passt ebenso gut in die Vorweihnachtszeit wie in den Siebten Sinn, dass die Fahrt an Engelskirchen vorbeiführt: Der Ort, an dem das Christkind seinen Briefkasten hat (Wunschlisten bitte an „An das Christkind, 51777 Engelskirchen – zumindest gültig für Kinder aus NRW). Spätestens hier geht man versonnen etwas vom vom Gas, um kurz darauf die Ausfahrt und Abfahrt nach Kreuzthal zu nehmen, Ziel: Die Krombacher Brauerei, inmitten einer Perle der Natur. Heute allerdings novembernaturbedingt ganz schön schlechte Sicht. Wüsste ich es nicht besser, wähnte ich in Kreuzthal ein Kartell von Küstennebelproduzenten, nicht von Premium-Pilsener…

Perlen der Natur
An dieser Stelle könnte ich viel schreiben, doch was soll ich gegen SO einen Imagefilm noch ausrichten? Der rund einminütige Clip ist widerrum nur Teil eines rund zehn Minuten dauernden Kurzfilms, der vor Ort im Krombacher-eigenen Kino präsentiert wurde. Die Brauerei versteht es darin perfekt, dem Zuschauer den eigenen Premium-Anspruch zu vermitteln. Optisch und technisch werden alle Register gezogen, angefangen über 5 Beamer und 180° HD-Projektion, satten Sound, sympathische Darsteller, Humor und wirklich Aufmerksamkeit auch für das kleinste Detail im Film. Selten so ein stimmiges, sympathisches, storytellendes Marketing-Lehrstückchen gesehen. Läufer wissen natürlich um die Connection zwischen der zunächst atypisch wirkenden Verbindung von Brauerei und Sport, Stichwort isotonische Getränke. Am Ende gab´s ehrlichen Applaus vom ganzen Saal – oder lag´s vielleicht am Ausblick auf die anschließende Brauerei-Führung?

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Hopfen und Malz, Gott erhalt´s

Einen der heutigen Schlüsselsätze hätten wir mit der Überschrift schon abgehakt. Natürlich habe ich bei der Führung nicht aufgepasst, sondern entweder Fotos geschossen, Hopfen gefuttert oder war zu begeistert, um mir die Sachen zu merken. Außerdem hab ich meine eigene Felsquelle, wo es einen hervorragenden Podcast zum Thema Bierbrauen gibt. Darin spricht ein Semiprofi mehrere Stunden lang über die Geschichte, Technik und Tipps zum Selberbrauen (oder „Nachzüchten“ von Biersorten mittels jahrzehntealter, über ebay als Restbestand verfügbarer Kultsorten, Stichwort Berliner Kindl). Ehrlich gesagt differiert die Erlebniswelt aus dem Videoclip oben und dem wahren Produktionsstandort minimal. Wir wanderten also nicht über sonnige Felder oder entlang des (echten) Krombacher Sees, sondern erspürten den Produktionsprozess zwischen lebensmittelverarbeitungskonformen Edelstahl X5CrNi18-10 und Co2-Warnhinweisschildern.

Früher gab´s ja noch den Braumeister-Dackel, der dann vorauslief und schaute und schnüffelte, ob die Luft rein war. War sie es nicht, musste sich der Brauereimeister einen neuen Dackel besorgen. Heute gibt es dafür natürlich neueste Technik,gültig ebenso für die Präsentation der regelmäßigen Führungen. Etwa im „Raum der Sinne“, der multi-sensorisch und quasi virtuell das Quellmaterial – also Hopfen, Hefe und Malz – erlebbar macht. Das Hopfen-Holodeck. Besonders das Malz bleibt in Erinnerung: Das durch Mälzung getrocknete und gekeimte Getreide gibt am Ausgang einen guten, kernigen, chrunchigen, realen Snack ab. Einzelne Körner begleiten mich sogar noch auf der Rückfahrt.  Genau wie der Gedanke an den Marathon in Attendorn, den uns Dr. Franz-J. Weihrauch (in leitender Funktion bei Krombach und führender Funktion als regional um das Stammhaus vertrauter Läufer) empfahl. Soon to run.

Butz & Berlin
Im Anschluss der Führung gab Andreas Butz, Autor, Redner und Trainer im Bereich Marathon, eine Kostprobe seines Könnens und Klientels. Konsequent der Titel: „Schwitzen für Erfolg – warum die Wirtschaft läuft„. Inspirierend, obgleich sein Publikum heute überwiegend aus amtierenden Hobby- und Profiläufern bestand. Kurz blitzten Bilder von Eulen und Athen durch meinen Kopf. Doch dank seines sympathischen und mitreißenden Vortragsstils hatte er das Publikum schnell auf seiner Seite, spätestens, als er über seinen schweißtreibenden und tränenreichen Marathon mit Siggi Neuschitzer, Babyhotel-Tycoon aus Österreich, erzählte. Auf dem Weg ins Ziel, das managertypisch meist unter 4 Stunden liegt, gab Butz alles, als er an der Verpflegungsstation stoppte. Als Mentor darf er das, während sein Mentee seine Zielzeit keinesfalls gefährden sollte. Ausgebuffte Strategie der beiden: Siggi auf Siegerkurs während Andreas aufschließt und ihm das Wasser reicht…

Jetzt gehörte zum Kreis der heutigen Gäste und Laudatoren auch Horst Milde, Vater des Berlin Marathon. Milde zählt zu den bedeutensten Laufpionieren in Deutschland. 1964 begann er mit der Organisation von Läufen in Berlin, aus denen der Berliner Marathon erwuchs. Heute zählt die Veranstaltung zu den „Big Five Marathons“ der Welt. 2013 starten bei der 40. Ausgabe mehr als 40.000 Marathoni auf dem Citykurs, 42,195 Kilometer mitten durch die City. Nach Start der Onlineanmeldung waren sämtliche Plätze innerhalb weniger Minuten ausverkauft. Mittlerweile hat Horst Mildes Sohn Marcel die Positon als Race-Direktor des Berlin Marathons übernommen. Im vergangenen Jahr erlebte ich das Event selbst, und kann es jedem Langstreckenläufer aus vielerlei Gründen (hier und hier beschrieben) nur wärmenstens empfehlen.

Jedenfalls kommt ein kurze, präzisierende Zwischenruf von Milde: „Das ist nicht erlaubt„. Butzt stutzt. Das Publikum freut sich, will Siggi schon die hart erbutzten 03:59 aberkennen. Es bleibt beim Versuch. Erfolgreich schließt Andreas Butz seinen Vortrag mit dem Satz ab: „Einen Marathon kann man nicht kaufen, nur laufen„. Das gilt natürlich nicht für seine Seminare, Bücher und Auftritte.

(v.l.n.r.: Frank Lebert (LAUFEN.DE), Anna Hahner, Jan Fitschen, Ilka Groenewold, Dr. Franz-J.Weihrauch (Krombacher))

And the winner is…
Wie es sich für eine richtige Preisverleihung gehört, gab es verschiedene Ansätze, die Sache für die Zuschauer spannend zu machen. Es liegt ebenso in der Natur der Sache, dass die Sieger vor der Verkündung bereits feststehen. Ausschlaggebend für die Platzierung war schließlich ein mit 13.000 abgegebenen Stimmen relativ zuspruchfreudiges Onlinevoting, und kein quantentheoretisches Experiment Marke Schrödingers Katze. Trotzdem gaben sich die jeweiligen Sieger immer ein bisschen Mühe, überrascht zu wirken, allen voran Ilka Groenewold. Ilka oerganisiert in Hamburg den Club der Töchter, eine Aktion von Nike nur für Frauen (Alf, Erinnerung eintragen: Bewerbung schicken, Club der Töchter Bergisch Land). Gemeinsam mit ihrem Hund Yoda ist die Macht mit ihr, wenn die 48mal um die Alster wetzt.

Als Profi-Läuferin setzte sich in der Wahl Anna Hahner mit 23 Prozent der Stimmen ganz knapp gegenüber Sabrina Mockenhaupt von der räumlich nahegelegenen LG Sieg durch. Sabrina war am Abend jedoch mindestens die Sieger der Herzen, da sie es bei der Podiumsdiskussion verstand, mit ihrer unnachahmlich fröhlichen und natürlichen, rheinischen Art (und rauchigen Stimme) alle zu verzaubern. Spätestens, als es um den Unterschied zwischen wahren Freunden und Facebook-Kontakten ging. Mockenhaupt macht die Community im Web erkennbar großen Spaß, was von Seiten der Trainer wohl nicht immer ganz kritiklos bleibt. Von wegen verlorene Zeit und so, ihr kennt das. Ja, jetzt gerade  auch! Ihr lest, ich schrieb, und alle zusammen könnten wir lieber draußen auf der Straße sein, Training und Lauf ABC und Wasnichtnoch und so. Doch Mocki weiß: Das mit dem Web geht doch schnell von der Hand. Da bleibt immer noch mehr als genug Zeit für´s Training! Sie spricht aus Erfahrung, als Profi kann sie sich der Sache fulltime widmen. Am Ende spricht sie allen Hobbyläufern ihren Respekt aus, Laufen plus Job sei schließlich noch eine Schippe obendrauf. Oder wie ich immer sage: Alle sind Sieger. Nur manche etwas eher.

Anna Hahner debütierte beim beim Düsseldorf-Marathon im Frühjahr 2012 mit fantastischen 02:30 Stunden. Ende September verpasste sie diese Zeit nur um 13 Sekunden. Zusammen mit Lisa gelten die „Hahnertwins“ zu den hoffnungsvollsten Nachwuchstalenten des deutschen Laufsports. „Ich bin überrascht von dem Ausgang der Wahl und freue mich vor allem, dass meine Zwillingsschwester Lisa so eine schöne Laudatio gehalten hat. Es ist ein tolles Gefühl, mit dem Laufen so viele Menschen zu erreichen„, so Hahner, Anna.

Die Auszeichnung zum „Läufer des Jahres“ erhielt Jan Fitschen. Der 10.000-Meter-Europameister von 2006 verbesserte in diesem Jahr beim BMW Berlin Marathon seine persönliche Bestzeit auf bzw. ab überragende 02:13:10 Stunden. Fitschen wechselte erst in jüngerer Zeit auf die Volldistanz. In seinem Blog, bei Facebook und über Twitter spricht er offen über seine Trainingserfahrungen, gute Zeiten, schlechte Zeiten. Mit Rückschlägen geht er völlig offen um, und ist nicht zuletzt auch durch seine fröhliche und optimistische Art sehr beliebt. Im Frühling durfte ich mich bei einer Runde um die Villa Hügel davon selbst überzeugen, Jan ist wirklich ein super Typ. Heute Abend strahlte er noch ein bisschen mehr als sonst ohnehin, gleichwohl etwas gehetzt durch viele Gesprächspartner. Doch wer könnte es dem sympathischen Bochumer, Jahrgang 1971, diplomierten Physike, Master in Wirtschaftswissenschaft und wahrem Marathonmann an so einem Abend verdenken?

Ausklang mit Dreiklang
Nach dem offiziellen Teil lud Krombacher in die gemütliche Braustube, zum berühmten Krombacher Dreiklang: Frisch gezaptes Krombacher Pils, westfälischer Schicken und Siegerländer Katenbrot. In netter Runde klang der Abend alkoholfrei aus. So blieb auch das sagenumwobene Becken mit den zwei Haltegriffen auf dem Herren-WC trocken. Ihr wisst schon, Vomitus und Emesis, manchmal wohl eher Nemesis. In diesem Sinne, auf euer Wohl, gute Fahrt und schöne Läufe!

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