Marathon Maximum in Berlin: Teil 1

Eine Million Zuschauer am Streckenrand, über 40.000 Startern, und am Schluss ein Weltrekord – so lässt sich in Kürze der 38. BMW BERLIN-MARATHON zusammenfassen. Oder einfach: Mein bestes Erlebnis. Jemals. Ein unfassbar schönes Sportwochenende bei blau-weissem Bombenwetter.

Resultate
Vorjahressieger Patrick Makau galt mit als Favorit für den Sieg, und krönte seinen fünften Sieg auf Berliner Straßen tatsächlich mit einem neuen  Weltrekord: 2:03:38 Stunden. Der bisherige Weltrekordler Haile Gebrselassie (der Willi hat ihn übrigens mal persönlich getroffen) musste das Rennen aufgrund von Asthmaproblemen nach Kilometer 36 beenden. Berlin gilt als _die_Weltrekordstrecke weltweit – in den vergangenen Jahrzehnten fiel hier bereits sieben Mal die Bestmarke. Bei den Frauen dominierte in diesem Jahr die kenianische Weltmeisterin im Halbmarathon Florence Kiplagat ihre Konkurrentinnen auf beeindruckende Weise, und kam in ihrem ersten zu Ende gelaufenen Marathon auf Anhieb unter 2:20 Stunden. In folgten 2:19:44. Irina Mikitenko (SC Gelnhausen) und die Britin Paula Radcliffe. Damit bot der der 38. BMW Berlin-Marathon nicht nur ein hochkarätiges Feld, sondern auch fantastische Ergebnisse.

Überflüssige Kopfhörer
Eine Million Zuschauer an der Strecke feuerten die Läuferinnen und Läufer begeistert an – Berlin feierte seine Athleten mit energetischer Euphorie. MP3/4 wurden überflüssig: Zwar waren die Kophörer schon geschultert, benutzt habe ich sie aber nicht. Vom Start weg war die Stimmung so überragend, das Feld so eng, der Ausblick so atemberaubend und die Trommler und Bands so dicht, dass kein Gedanke daran verschwendet wurde. Überhaupt sah man ganz selten einmal Läufer mit Kopfhörern – ein weiterer Unterschied zu Köln…

Berlin ist Weltklasse
Köln war schön. Gänsehaut beim Dom und den Brücken. Berlin hingegen bietet Schauwert satt ab Anfang an. Über ein Dutzend architektonische, historische oder geographische Höhepunkte warten auf der Strecke, die zum puren Sightseeing der Dimension XXL gerät. Am Rhein wird die Millionenmarke gerade eben erreicht, an der Spree auf Weltklasseniveau weit übertroffen: Das merkt man nicht nur an der Vielfachen Zahl der Athleten, sondern auch dem puren internationalen Flair. Japan, Korea, Brasilien, Mexico, Großbritannien, Kolumbien, Uruguay, Venezuela, Dänemark, Estland, Niederlande, Spanien  – das sind ganz spontan die Länder, Läufer, Shirts, Fahnen und Stimmen, die mir vielen Kilometer in Erinnerung sind. Ein friedliches und sportliches Fest der Völker. Diese Menschen sind alle so glücklich, feiern so fröhlich, reisen von so weit her – was will man mehr? Berlin fühlt sich fünfmal größer an als der Marathon in Köln. Er zählt es zu den „Big Five„, der Formel 1 der Straßenläufe, den fünf bedeutensten Marathons der Welt.

Ich bin komplet frenetisiert. Dieses Wochenende war Adrenalin und Freude pur. Jede Anstrengung wert, die mit dem doppelten Spaß und unvergesslichen Eindrücken belohnt wurden. Alles hat wie am Schnürchen geklappt, so herausfordernd die Zeitplanung auch war: Freitag Hinfahrt, am Abend die Marathonmesse im Flughafen Berlin Tempelhof mitnehmen. Am Samstag Frühstückslauf vom Schloss Charlottenburg ins Olympiastadion, danach Stadt- und Landerkundung, abends feiern und letzte Vorbereitung auf den großen Tag: Am Sonntag der Marathon, unmittelbar danach wieder 500 Kilometer Rückfahrt…

Einarmiger Bandit über 200 Kilometer
…plus mittendrin ungeplanten 200 Kilometer mit dem Auto mitten durch Berlin, bei einer Großveranstaltung dieser Art (eigentlich mehrere Großveranstaltungen, Samstag war Skate-Marathon, ergo die Innenstadt weiträumig abgesperrt) und mit einem völlig verrückten Navi, das mich zusammen mit dem zickigen Stromstrecker im Zigarettenanzünder zum einhändigen Banditen auf den Straßen Berlins machte. Stress pur spätestens dann, wenn man parallel zur Fahrt gern noch Sehenswertes aus dem Auto heraus fotografiert (Zeit war knapp) und man plötzlich zwischen deutschem und französischen Dom, am Sony Center und Kurfürstendamm in die Straßensperren gerät, bei ausgeschalteten Ampeln und Verkehrschaos, tief stehender Sonne und am Samstagabend, an dem es mir leider gesundheitlich gar nicht mehr so gut ging. Aufgefangen hat das alles die Vorfreude, Stimmung und Kulisse – out of this world. Es kam so viel zusammen, alle Sinne auf Anschlag.

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Messe in Tempelhof

Die Marathon-Messe BERLIN VITAL in Tempelhof war weit größer, als ich mir ausgemalt habe. Mit 120.000 Besuchern an drei Tagen, in mehrere Hallen des alten Flughafens, inklusive Teilen des Rollfeldes. BMW als Hauptsponsor gut im Blickfeld, mit Startnummernausgabe, Messeständen, Autos und Heißluftballon – der beim Ballonglühen am Abend für schöne Stimmung sorgte.

In den Hallen selbst ging es messetypisch gewohnt wuselig zu. Beruflich bin ich eher IT-Messen gewohnt, deren Innovationspotential man mit dem Laufsport fairerweise nicht vergleichen kann. Oder anders: Schuhe, Kleidung, Uhren: Hat man alles schon. Und bekommt man vielerorts. Die Preise waren in Ordnung, doch 20 Prozent Messerabatt locken mich nicht unbedingt hinterm Ofen vor. Auch kein Grabbeltisch. Auch keine Gadgets wie Schlüsselarmband (würde mich wahnsinnig machen), Startnummernband kombiniert mit einem patronengurtartigen Powergelbatteriehalterung (erinnert verflixt an Walker und ist bei guter Streckenversorgung unnötig) oder Spezialschnürsenkel, die man nie mehr binden muss (so viel Zeit muss sein). Interessanter fand ich da schon die Messestände vom Tokyo-, Helsinki- oder Jerusalem-Marathon. So etwas haben wir hier in der Provinz nicht: Ein Lauf, auf dem andere Läufe für sich werben. Whow.

Frühstückslauf am Samstag
Der Freitag ging mit Hinfahrt, Messe und rund 15 Kilometern in den Beinen relativ früh zu Ende, da am nächsten Morgen der Frühstückslauf wartete: Mit rund 10.000 Marathonis über 6 Kilometer Distanz vom Schloss Charlottenburg ins Olympiastadion. Ein atmosphärischer Leckerbissen mit Tradition: SCC Events GmbH als Veranstalter (nicht nur) des Berlin-Marathons geht ursprünglich aus dem Sportclub Charlottenburg e. V. hervor. Die eigentliche Laufstrecke des Marathons berührt die beiden Locations indes nicht, so dass es nicht nur ein stimmungsvolles Lockerungstraining am Vortag ist, sondern auch das Sightseeing perfekt ergänzt.

Am Samstag ging es somit um 09:30 Uhr pünktlich und mit bilingualen Ansagen (deutsch/englisch) auf die sonnige Strecke. Ausnahmsweise habe ich die DSLR im Rucksack geschultert, beim Marathon selbst ist das ja nun nicht wirklich eine Option. Sechs Kilometer und janz langsam, wie SCC vorgab, sollte es laufen. Es war wunderschön, doch ich fühlte mich gesundheitlich nicht wirklich wohl. Husten, Nase, Kopf und am Ende kalter und recht zäher Schweiss auf der Stirn – so hatte ich mir das nicht vorgestellt. Alles noch handhabbar, aber ein Schatten gegenüber der strahlenden Sonne. Auf den Fotos nicht unbedingt sichtbar – ich mache meist gute Miene selbst bei bösestem Spiel. Sorge einerseits, Hoffnung andererseits. Nicht aufgeben. Die Nacht wird´s sicher richten. Wenigstens so weit, dass der Krug noch einmal zum Brunnen geht, ohne zu brechen. Die Versagerglocke kann ich auch später noch läuten, auch wenn Powerade skandiert: DNF is not an option. DNF steht in Ergebnislisten für „did not finish“. Verantwortungsvolle Läufer wissen aber um diese Option. Und wägen ab. Hören auf ihren Körper. Berlin war allerdings so laut und endorphingetränkt, dass ich davon kaum noch etwas hörte. Diffuses Zwielicht.

Einzigartig und wunderschön war der Samstag Vormittag trotzdem: Das gigantische Olympiastadion, die blaue Bahn, das hervorragend organisierte und reichhaltige Frühstücksuffet samt Schrippen und Berliner, Obst und Kaffee, Wasser und Joghurts. Mit einer Sambatrommlercombo und Gästen aus Hawaii, die tanzend alles gaben. Ein Happening unter olympischen Ringen. Weit über Mittag genoss ich die Stimmung und schoss zahlreiche Fotos a diesem einzigartigen Ort.

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CityMaps: Navi to go

Kleine Randnotiz zum Thema Technik: In Berlin war die App CityMaps 2go Gold wert. Leider hatte ich das Thema ÖPNV bei der Planung beiseite gelassen, und am Wochenende im Berlin notgedrungen zum Auto gegriffen. Das klappte allerdings prima, da ich mir einfach mit CityMaps jeweils zum Ziel nahegelegene Straßen gesucht habe, dorthin navigierte (-> einarmig), kostenfrei parkte, einen Screenshot als Erinnerungsstütze machte, und den Rest zum Ziel zu Fuß zurücklegte. Koppelung von Karte und Kompaß = Navi in a nutshell. Perfekt.

Fotos
Einen kleinen Eindruck von Freitag und Samstag in dieser Galerie. Weil ich weiß, daß ihr es mögt: Hier noch ein großes 180° Panorama der Berliner Skyline, 90 Megapixel und 15,7 MB schwer (37.979 x 2.364 Pixel – Firefox scheint da selbst in der 7.0 die Flügel zu strecken (auch Photoshop verarbeitet ohne Nachhilfe keine Bilder über 30.000 x 30.000 Pixel). Im Internet Explorer klappt die Darstellung aber einwandfrei). Viel Spaß!

Fortsetzung folgt
Lest bald in Teil 2: Drachenberg, Radarstation und der Marathon…

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