Nürburg naht

Prokrastination zwecklos, der StrongmanRun naht. Klar, dass der „stärkste Lauf aller Zeiten“ für Katzenkirmes im Kopf sorgt. Über Laktat, Tempohärte, Intervalle und Trails hab ich schon genug geschrieben – heute mal die Top10 der Dinge, die mich vor dem Lauf innerlich begleiten. Man macht sich ja so seine Gedanken, abseits von Tümpeln, Schlamm und Heu:

1. Mission: Rumgammeln

In den letzten Wochen immer mal wieder Hängengeblieben auf Websites und Büchern, Kategorie „die beste Wettkampfvorbereitung der Welt“. Da steht, dass absolut und totales Herumgammeln gut eine Woche vor dem Lauf optimal sei. Das ist zu schaffen. Man muss nur in Liebe loslassen können. Maximal ist ein kurzer lockerer, regenerativer Lauf drin. Donnerstag wohne ich trotzdem dem Laufkurs bei, auch wenn Aspiranten mit nahendem Wettkampf nur mit Dampf gegart werden, und ein schön schonendes Training absolvieren. In der Folgewoche wird rituell berichtet. Ganz schön kommunikativ, so ein Laufkurs.

2. Kohlenhydrate satt!

Futtern, was das Zeug hält! Noch so ein Ratschlag aus der eingangs genannten Abteilung. Genaugenommen ein paradisischer Zustand, in dem einen Obst, Brot, Nudeln und Kuchen nur so in den Mund fliegen. Erbsen, Bohnen und Linsen gehören zur gleichen Gang, sind aber je nach Geschmack ein bisschen uncooler. Mit diesem dekadenten Verhalten vor dem Wettkampf sollen die Kohlenhydratespeicher ordentlich aufgefüllt werden (Speicherplatz: Rund 2.500 kcal (2,5 Gkcal?)). Natürlich ergebe ich mich dem mit einer gewissen Zurückhaltung, denn ein Überschuss von Kohlenhydraten wird als Fett gespeichert. Und: Kohlenhydrate stellen viele Ballaststoffe. Idealerweise stoppt man 1-2 Tage vor dem Lauf die Völlerei, da freut sich die Verdauung.

3. Anreise: Hin und weg

Sonntag beginnen die Osterferien. Sonntag ist StrongmanRun, mit über 10.500 Startern und einem Vielfachen an Anhang und Zuschauern. Nürburgring, beliebtes Ausflugsziel. Strategie: Hit and run, sprich früh aufbrechen, schnell laufen und den Vorsprung für die Rückreise nutzen. Unsere kleine FarmFahrgemeinschaft ist außerdem ökologischer und parkplatzlogistischer Beitrag zugunsten a better world. Falls euch die Logistik auch umtreibt: Der Veranstalter gibt hier einige Tipps.

4. Berg heil: 1.000+ Höhenmeter

Ehrlich gesagt habe ich die Höhendifferenz im Rennen von über 1.000 Metern im Vorfeld nicht auf dem Radar gehabt. Also es mir über die Kommentare gewahr wurde, hielt ich es zunächst für einen dezent platzierten Aprilscherz. Doch der Nürburgring schmiegt sich nun einmal an die Eifel, der Parcours ist ein auf und ab. Nun denn, wir haben das extra vorher nochmal mit gut der Hälfte trainiert, und die Frisur hielt. Das wird beim StrongmanRun definitiv anders sein, aber nach letzten Sonntag erscheint auch das jetzt nicht mehr aus einer (völlig) anderen Welt.

5. Musik: Enjoy the silcence

Im Training und Wettkampf ist Musik einer meiner liebsten Begleiter. Alternativ schätze ich auch eine gute Unterhaltung, nur beides wird angesichts der Umstände am Sonntag kaum möglich sein. Einen wasserdichten MP3-Player zählt (noch) nicht zur Ausrüstung (nor waterproof earphones), für Gespräche bleibt weder Zeit noch Luft. Also fehlt diesmal der akustische Anschub, wohlwissend, dass das Adrenalin eines Wettkampfes und die schieren Zuschauermassen Antrieb genug sind.

6. Brille: StrongMan

Fast so sicher wie das Amen in der Kirche wird ein optischer Störfall am Tümpel sein. Sicher hat mein Optiker die Brille nicht für das Untertauchen von Baumstämmen vorgesehen, wir hatten das auch nicht bei der Anpassung besprochen. Jetzt muss die Brille halt mit, Kontaktlinsen habe ich nicht, und vielleicht findet sich ein Zuschauer, der sie mir für die paar hundert Meter verwahrt. Drumrumlaufen würde klappen, führte aber aufgrund scharfer Beobachtung des wachhabenden Aufsichtspersonals zur Disqualifizierung. Dann doch lieber eine schmutzige Brille und vielleicht ein Brillenputztuch im Ärmel.

7. Photografic

Das Auge isst mit – hochklassige Laufveranstaltungen lassen heutzutage fotografisch nichts anbrennen. Der StrongmanRun macht da keine Ausnahme, und hat mit einem Fotoservice ein standesgemäßes Angebot für die Massen parat. Außerdem gibt es – kostenlos! – ein persönliches Video vom Zieleinlauf. Nina, darf ich das andere hier schon schreiben? 😉 Fotografisch wird der Lauf nämlich noch ein Testballon für einen ganz besonderen, neuen fotografischen Service. Bald mehr auch an dieser Stelle – Sonntag erstmal sehen, ob alles wie geplant klappt.

8. Tim vs. Alf

Tim ist gut 10 Jahre jünger, 20 Kilo schwerer, bei der Bundeswehr, schaut schwärmend Richtung SEK, möchte aber vorher auch gern just4fun den Totenkopfmarsch über 100 Kilometer mitmachen, und mich mit motivieren. Kurzum: Tim ist ein super Typ. Auf dem Sportplatz kommt er schonmal von hinten angelaufen, hakt sich bei mir ein, und will „den alten Mann“ ein bisschen mitziehen. Der alte Mann hat aber in den Wettkämpfen bislang gewonnen, ja selbst ein Fotofinish blieb Tim versagt. Das möchte er beim StrongmanRun jetzt ändern. Ich möchte, dass es bleibt. Quinessenz dieser Dissonanz: Thematisierung beim sportlichen Workshop auf dem Nürburger Battlefield.

9. Heuschnupfen und Wetter

Birkenpollen fliegen mäßig bis stark, mit entsprechend allergenen Folgen. Mir mangelt es momentan etwas an Zeit zur Beschaffung von Nachschub, daher teile ich mir die Reste der Sprays für Sonntag gut ein. Sind die Bronchen zu, kann ich Leistung vergessen. Keine Gedanken hingegen müssen wir uns noch über das Wetter machen – ich rechne nach dem bisherigen Bericht mit 16 Grad und Sonne, also trocken. Zumindest von oben.

10. The day after

Montag, Büro, und ich sehe mich schon wieder über die Flure staksen. Schön sind immer interessierte Kolleginnen und Kollegen, etwas Sorge bereiten nur vereinzelt seltsame Blicke – oder konkrete Fragen nach dem Geisteszustand. Kommt meist erst nach der Thematisierung der Gebrechen. Der Sonntag steht wahrscheinlich noch im Zeichen des Marasmus, durch den der Schmerz nicht dringt. Das ändert sich aber mindestens am Folgetag, Höhepunkt 2 Tage danach, dann langsam abklingend. Prognose nach dieser Belastung: 2, 3 Wochen Regeneration, dann wieder Training aufnehmen – Anfang Juli naht der heisse Halbmarathon in Himmelgeist.

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